Aspirin-Exacerbated Respiratory Disease ist eine chronische Erkrankung der Atemwege, die vor allem Erwachsene trifft und durch eine ungewöhnliche Reaktion auf bestimmte Schmerzmittel ausgelöst wird. Auch bekannt als Samter-Trias, zeichnet sie sich durch drei charakteristische Symptome aus: chronische Nasennebenhöhlenentzündung mit Nasenpolypen, Asthma und schweren Atemreaktionen nach Einnahme von Aspirin oder anderen NSAR (nicht-steroidalen Entzündungshemmern).
Die Krankheit tritt meist zwischen 20 und 50 Jahren auf - Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Etwa 7 % aller erwachsenen Asthmatiker und bis zu 14 % derjenigen mit Nasenpolypen leiden daran. Anders als bei einer einfachen Allergie reagiert der Körper hier nicht auf ein äußeres Allergen, sondern auf eine Störung im eigenen Entzündungsstoffwechsel. Bei AERD wird der Stoffwechsel von Arachidonsäure durcheinandergebracht, was zu einer übermäßigen Produktion von Entzündungsmediatoren wie Cysteinyl-Leukotrienen führt. Diese Substanzen verursachen starke Schwellungen in Nase, Nasennebenhöhlen und Lunge.
Es gibt keinen einzigen Bluttest oder Röntgenbefund, der AERD eindeutig nachweist. Die Diagnose basiert fast ausschließlich auf der Krankengeschichte. Wenn jemand Asthma hat, regelmäßig Nasenpolypen bekommt und nach Einnahme von Aspirin, Ibuprofen oder ähnlichen Medikamenten plötzlich Atemnot, verstopfte Nase oder sogar Anfälle bekommt, ist AERD sehr wahrscheinlich.
Wenn die Symptomgeschichte unsicher ist, wird ein aspirin-empfohlener Challenge-Test durchgeführt. Dabei wird der Patient unter strenger ärztlicher Aufsicht in einem Krankenhaus mit spezieller Ausstattung langsam und kontrolliert mit steigenden Dosen von Aspirin konfrontiert. Der Test beginnt mit 20-30 mg Aspirin und wird alle 90 bis 120 Minuten verdoppelt, bis eine Gesamtdosis von 325 mg erreicht ist oder eine Reaktion eintritt. Der gesamte Prozess dauert 5 bis 6 Stunden. In über 95 % der Fälle lässt sich so die Diagnose sicher stellen.
Zusätzlich helfen Laborwerte: Blutuntersuchungen zeigen oft eine erhöhte Anzahl von Eosinophilen (mehr als 500 Zellen pro Mikroliter), und der Harn enthält erhöhte Mengen von Leukotrien E4 - ein direkter Marker für die überaktive Entzündung bei AERD. Diese Tests unterstützen die Diagnose, ersetzen aber nicht den Challenge-Test.
Die erste Maßnahme ist, alle COX-1-hemmenden Medikamente zu meiden - also Aspirin, Ibuprofen, Diclofenac und viele andere Schmerzmittel. Doch hier liegt ein großer Trugschluss: Wer diese Medikamente streng vermeidet, ist nicht automatisch beschwerdefrei. Die Krankheit schreitet trotzdem voran.
Die Standardtherapie beginnt mit lokalen Steroiden. Hochvolumige Nasenspülungen mit 50-100 mg Budesonid zweimal täglich reduzieren Nasenpolypen innerhalb von acht Wochen um 30-40 %. Zusätzlich werden intranasale Sprays wie Fluticason (50 µg pro Spray, zwei Sprühstöße pro Nasenloch, zweimal täglich) verschrieben. Diese verbessern die Nasenatmung deutlich - die SNOT-22-Skala, ein Standardtest für Nasenbeschwerden, zeigt nach 12 Wochen eine Verbesserung um 35 %.
Für das Asthma werden mitteldosierte Inhalationssteroide in Kombination mit langwirksamen Beta-2-Agonisten (z. B. Fluticason/Salmeterol 250/50 µg) eingesetzt. Diese Kombination steigert die Atemkapazität (FEV1) bei 70 % der Patienten um 15-20 %. Auch Leukotrien-Modifikatoren spielen eine Rolle: Zileuton (600 mg viermal täglich) hemmt die Entstehung von Leukotrienen und reduziert deren Ausscheidung im Harn um 75 %. 28 % der Patienten berichten, dass es „extrem wirksam“ ist. Montelukast (10 mg täglich) ist weniger wirksam - nur 15 % finden es sehr hilfreich.
Die einzige Therapie, die die Krankheitsentwicklung tatsächlich verändert, ist die Aspirin-Desensibilisierung. Dabei wird der Körper nach einer erfolgreichen Diagnose über zwei Tage hinweg gezielt an Aspirin gewöhnt. Der Prozess ist ähnlich wie beim Challenge-Test: langsame, kontrollierte Dosissteigerung bis zur Wirkdosis von 650 mg zweimal täglich. Nach Abschluss der Desensibilisierung muss der Patient lebenslang täglich diese hohe Dosis einnehmen - sonst verliert der Körper die Toleranz.
Die Erfolgsquote ist beeindruckend: Über 98 % der Patienten schaffen die Desensibilisierung. Die Vorteile sind messbar: Die Anzahl der notwendigen Kortison-Schübe sinkt von durchschnittlich 4,2 pro Jahr auf 1,1. Die Rückkehr von Nasenpolypen nach einer Operation fällt von 85 % auf nur noch 35 % innerhalb von zwei Jahren. Eine Studie aus Penn Medicine zeigte, dass die Desensibilisierung pro Lebensjahr mit einem Qualitätslebensgewinn von 12.500 Euro kosteneffizient ist - vor allem, weil sie teure Wiederholungsoperationen vermeidet.
Fast alle AERD-Patienten entwickeln im Laufe der Zeit Nasenpolypen, die so groß werden, dass sie die Atemwege verlegen. Medikamente allein reichen oft nicht aus, um sie dauerhaft klein zu halten. Deshalb wird endoskopische Nasennebenhöhlenchirurgie (FESS) empfohlen - eine minimally invasive Operation, bei der Polypen entfernt und die Nasennebenhöhlen freigemacht werden.
Aber: Ohne anschließende Desensibilisierung kehren die Polypen bei 60-70 % der Patienten innerhalb von 18 Monaten zurück. Wer nach der Operation mit Aspirin-Desensibilisierung weiterbehandelt wird, hat nur noch eine Rückfallrate von 25-30 %. Experten wie Dr. Tanya Laidlaw vom Brigham and Women’s Hospital sagen klar: „Chirurgie plus Desensibilisierung ist der Goldstandard.“
Seit einigen Jahren stehen auch biologische Therapien zur Verfügung - Medikamente, die gezielt auf Entzündungsbotenstoffe wirken. Dupilumab (300 mg alle zwei Wochen als Spritze) blockiert IL-4 und IL-13 - zwei Schlüsselmediatoren bei AERD. Studien zeigen: Nach 16 Wochen reduziert Dupilumab die Polypengröße um 55 % und verbessert die Lebensqualität (SNOT-22) um 40 %. Mepolizumab (monatliche Spritze) senkt die Eosinophilen um 85 % und verringert die Notwendigkeit für erneute Operationen um 57 %.
Neue Kombinationen zeigen vielversprechende Ergebnisse: Wenn Dupilumab mit Aspirin-Desensibilisierung kombiniert wird, erreichen 78 % der Patienten eine klinisch relevante Verbesserung - gegenüber nur 52 % mit Aspirin allein. Auch ein neues Medikament namens MN-001 (Tipelukast), das gleichzeitig zwei Entzündungsweg-Knoten blockiert, zeigt in frühen Studien eine 60-prozentige Reduktion von Leukotrienen.
Die Desensibilisierung ist wirksam, aber nicht einfach. Wer zwei bis drei Tage hintereinander die Aspirindosis vergisst, verliert die Toleranz - und muss die gesamte Prozedur wiederholen. Das passiert bei 68 % der Patienten, die unregelmäßig einnehmen.
Ein weiteres Problem: Gastrointestinale Beschwerden. 22 % der Langzeitpatienten entwickeln Magenreizungen oder Geschwüre. Deshalb wird Aspirin meist mit Essen eingenommen, und manchmal wird ein Magenschutz verschrieben.
Ein weiteres Hindernis ist der Zugang. In den USA gibt es nur etwa 35 spezialisierte Zentren für AERD. Viele Allergologen fühlen sich mit dieser Krankheit überfordert - nur 18 % von ihnen fühlen sich sicher, sie zu behandeln. In ländlichen Gebieten ist die Versorgung besonders schlecht: Nur 22 % der Betroffenen können innerhalb von 100 Meilen ein Spezialzentrum erreichen.
Ein Survey von 190 Patienten ergab: 78 % fühlen sich durch die Nasenverstopfung stark in ihrem Alltag eingeschränkt. 45 % mussten innerhalb von zwei Jahren nach Diagnose mindestens eine Operation über sich ergehen lassen.
Diejenigen, die die Desensibilisierung geschafft haben, berichten oft von einer lebensverändernden Verbesserung: 82 % sagen, sie hätten ihren Geruchssinn zurückgewonnen - nach Jahren der Anosmie. Auf Foren wie „AERD Warriors“ schreiben viele: „Ich rieche wieder Kaffee.“ „Ich kann endlich wieder in den Garten gehen, ohne zu keuchen.“
Andere klagen über die Belastung: Die Aspirin-Challenge ist unangenehm - 32 % der Betroffenen beschreiben sie als „extrem stressig“. Und die Kosten für biologische Medikamente sind hoch - 65 % der Patienten mit geringem Einkommen können sie sich nicht leisten.
Wichtig ist, alle Medikamente genau zu prüfen. Viele rezeptfreie Erkältungsmittel enthalten versteckte NSAR wie Ibuprofen oder Naproxen. Lesen Sie die Packungsbeilage. Einige Patienten nutzen salzige Nasenspülungen mit einigen Tropfen Teebaumöl - das soll Pilzbefall in den Nasennebenhöhlen reduzieren. Die regelmäßige Einnahme von Aspirin mit Essen hilft, Magenprobleme zu vermeiden.
Wenn Sie AERD haben: Bleiben Sie nicht allein. Suchen Sie eine Spezialklinik. Nutzen Sie Patientenforen. Fragen Sie nach einer Kombination aus Operation, Desensibilisierung und gezielter Medikation. Die Krankheit ist schwer, aber sie ist behandelbar - und mit der richtigen Therapie kann man ein nahezu normales Leben führen.
Die Forschung schreitet schnell voran. Die FDA hat 2023 erste Richtlinien für die Durchführung von Aspirin-Desensibilisierungen veröffentlicht - das erhöht die Sicherheit und Standardisierung. Die Nutzung von biologischen Therapien steigt: Seit der Zulassung von Dupilumab für Nasenpolypen 2022 hat sich die Anwendung bei AERD-Patienten von 12 % auf 38 % verdreifacht.
Langfristig rechnen Ökonomen damit, dass eine integrierte Behandlung (Chirurgie + Desensibilisierung + Medikamente) die Gesamtkosten pro Patient im Laufe des Lebens um 87.000 Euro senken könnte - durch weniger Krankenhausaufenthalte, weniger Operationen und weniger Fehltage.
Der Schlüssel liegt in der Früherkennung und im Zugang zu Spezialisten. Wer früh diagnostiziert wird und die richtige Kombination aus Operation und Aspirin-Desensibilisierung erhält, hat eine gute Chance, die Krankheit langfristig unter Kontrolle zu halten - und sein Leben zurückzugewinnen.
Katleen Briers
Dezember 3, 2025 AT 03:11Soane Lanners
Dezember 3, 2025 AT 16:17Christian Privitera
Dezember 4, 2025 AT 05:26Nina Hofman
Dezember 5, 2025 AT 00:37Eugen Pop
Dezember 6, 2025 AT 17:01