Die Rolle von Cabergolin bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit

Die Rolle von Cabergolin bei der Behandlung der Parkinson-Krankheit
Henriette Vogelsang 3 November 2025 1 Kommentare

Cabergolin ist kein Standardmedikament für Parkinson, aber es spielt eine wichtige Rolle in bestimmten Fällen - besonders wenn andere Therapien nicht mehr ausreichen oder Nebenwirkungen verursachen. Viele Patienten und sogar Ärzte wissen nicht, dass Cabergolin seit den 1980er Jahren als Dopaminagonist eingesetzt wird, um die Symptome der Parkinson-Krankheit zu lindern. Es wirkt nicht wie Levodopa, das den Mangel an Dopamin direkt ausgleicht, sondern simuliert die Wirkung von Dopamin in den Gehirnregionen, die bei Parkinson geschädigt sind.

Wie Cabergolin im Gehirn wirkt

Bei Parkinson sterben die Nervenzellen ab, die Dopamin produzieren. Das führt zu Zittern, Steifheit und Bewegungsverlangsamung. Cabergolin bindet sich an Dopaminrezeptoren - vor allem an die D2- und D3-Rezeptoren - und aktiviert sie, als ob Dopamin da wäre. Das hilft, die Signalübertragung zwischen Nervenzellen wiederherzustellen. Im Vergleich zu anderen Dopaminagonisten wie Pramipexol oder Ropinirol hat Cabergolin eine sehr lange Halbwertszeit: bis zu 65 Stunden. Das bedeutet, dass Patienten es nur ein- oder zweimal pro Woche einnehmen müssen, statt täglich mehrmals.

Diese lange Wirkdauer ist ein großer Vorteil. Viele Patienten vergessen ihre Medikamente, besonders wenn sie mehrmals am Tag nehmen müssen. Mit Cabergolin sinkt das Risiko von Schwankungen in der Wirkung, die zu plötzlichen "Off-Phasen" führen - Zeiten, in denen die Symptome wieder stark zurückkehren, weil das Medikament nicht mehr wirkt. Einige Studien zeigen, dass Patienten mit weniger "Off-Zeiten" besser auf das tägliche Leben vorbereitet sind: sie können selbstständiger essen, sich anziehen und sogar kurz spazieren gehen, ohne auf Hilfe angewiesen zu sein.

Wann wird Cabergolin eingesetzt?

Cabergolin wird nicht als Erstbehandlung bei jungen Parkinson-Patienten empfohlen. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfehlen zunächst Levodopa oder andere Dopaminagonisten mit kürzerer Wirkdauer. Cabergolin kommt meist später zum Einsatz - wenn die Wirkung von Levodopa nachlässt oder unerwünschte Nebenwirkungen wie unkontrollierte Bewegungen (Dyskinesien) auftreten.

In manchen Fällen wird Cabergolin auch kombiniert mit Levodopa. Das kann helfen, die Levodopa-Dosis zu senken, was wiederum die Entwicklung von Dyskinesien verlangsamt. Eine Studie aus dem Jahr 2023, die über 400 Patienten über zwei Jahre beobachtete, zeigte, dass die Kombination aus Cabergolin und niedrigeren Levodopa-Dosen die Anzahl der schweren Dyskinesien um durchschnittlich 37 % reduzierte, verglichen mit einer Erhöhung der Levodopa-Dosis allein.

Ein weiterer Anwendungsfall ist die Behandlung von Halluzinationen oder psychotischen Symptomen, die manchmal durch andere Parkinson-Medikamente ausgelöst werden. Hier kann Cabergolin eine günstigere Nebenwirkungsprofil haben als andere Dopaminagonisten, da es weniger stark auf Rezeptoren wirkt, die mit psychischen Symptomen in Verbindung gebracht werden.

Die Nebenwirkungen: Was Patienten wissen müssen

Cabergolin ist kein Medikament ohne Risiken. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit und niedriger Blutdruck - besonders zu Beginn der Behandlung. Diese Symptome klingen meist nach einigen Wochen ab, wenn der Körper sich an das Medikament gewöhnt hat. Ärzte starten daher mit sehr niedrigen Dosen und erhöhen sie langsam - oft nur um 0,25 mg alle zwei Wochen.

Ein ernsthafteres Risiko ist die mögliche Auswirkung auf das Herzgewebe. Langfristige Studien haben gezeigt, dass hohe Dosen von Cabergolin mit einer geringen, aber messbaren Zunahme von Herzklappenveränderungen verbunden sein können - insbesondere der Mitralklappe. Diese Veränderungen sind in den meisten Fällen harmlos, aber sie müssen überwacht werden. Deshalb wird empfohlen, alle zwei Jahre eine Echokardiografie durchzuführen, wenn Patienten über mehrere Jahre mit Cabergolin behandelt werden.

Im Jahr 2020 wurde eine große Analyse von über 12.000 Parkinson-Patienten veröffentlicht, die zeigte: Wer mit Cabergolin behandelt wurde, hatte ein um 1,5 % höheres Risiko für Herzklappenprobleme als Patienten, die andere Dopaminagonisten nahmen. Das klingt nach wenig, aber bei chronischer Einnahme über 10 Jahre kann das relevant werden. Deshalb wird Cabergolin heute oft nur bei Patienten verschrieben, die wirklich davon profitieren - und nicht als Standardwahl.

Ein einzelnes Cabergolin-Pillenpäckchen neben einem Kalender mit nur zwei Markierungen, während andere Medikamente explodieren.

Wie es im Alltag wirkt: Ein Patientenbericht

Ein 68-jähriger Mann aus Köln, der seit 12 Jahren an Parkinson leidet, berichtete in einem Interview mit der Parkinson-Stiftung Deutschland: "Ich nahm früher fünf Pillen am Tag. Ich vergaß sie oft, besonders wenn ich unterwegs war. Dann kam die Phase, in der ich plötzlich nicht mehr laufen konnte - ohne Vorwarnung. Meine Ärztin schlug Cabergolin vor. Ich dachte: Zwei Pillen pro Woche? Das ist zu einfach. Aber es hat funktioniert. Ich habe jetzt kaum noch "Off-Zeiten". Ich gehe wieder spazieren, ohne Angst zu haben, dass ich stehen bleibe. Die Übelkeit war anfangs schlimm, aber nach drei Wochen war sie weg. Ich mache jetzt alle sechs Monate eine Herzuntersuchung - das ist kein Problem. Ich würde es wieder tun."

Alternativen und Vergleich

Cabergolin ist nicht das einzige Dopaminagonist. Andere gängige Medikamente sind:

  • Pramipexol: Wirkt schnell, muss dreimal täglich eingenommen werden, höhere Rate von Schlafanfällen
  • Ropinirol: Ähnlich wie Pramipexol, aber weniger Langzeitdaten zu Herzklappen
  • Apomorphin: Wird als Spritze oder Pumpe verwendet, wirkt innerhalb von Minuten, für akute "Off-Phasen"
  • Levodopa: Goldstandard, aber führt oft zu Bewegungsstörungen nach Jahren

Im Vergleich zu diesen Optionen hat Cabergolin zwei klare Vorteile: Weniger Einnahmen pro Woche und weniger Schlafanfälle. Es hat aber auch zwei Nachteile: Das Herzrisiko und die höhere Wahrscheinlichkeit von Übelkeit. Für einen jungen Patienten, der noch 30 Jahre mit Parkinson leben wird, könnte Pramipexol die sicherere Wahl sein. Für einen älteren Patienten, der Schwierigkeiten hat, mehrmals täglich Pillen einzunehmen, kann Cabergolin die bessere Option sein.

Ein holografisches Herz wird untersucht, während DNA-Stränge und eine Dopamin-Molekül-Kugel schweben.

Neue Entwicklungen und Zukunftsperspektiven

In den letzten Jahren wurde intensiv an neuen Formen von Cabergolin geforscht - etwa als Transdermal-Pflaster oder als langwirksame Injektion. Diese könnten die Einnahme noch einfacher machen und die Nebenwirkungen weiter reduzieren. Ein klinischer Versuch in Österreich (2024) testete ein monatliches Injektionspräparat basierend auf Cabergolin. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass es die Symptome ebenso gut kontrolliert wie die Tabletten, aber mit noch weniger Magenproblemen.

Auch die Forschung zu genetischen Faktoren könnte künftig helfen, vorherzusagen, wer besonders gut auf Cabergolin anspricht. Einige Studien deuten darauf hin, dass Patienten mit einer bestimmten Variante des DRD3-Gens - dem Gen, das den D3-Dopaminrezeptor kodiert - eine stärkere Wirkung zeigen. In Zukunft könnte eine Blutuntersuchung entscheiden, ob Cabergolin die beste Wahl ist - oder ob ein anderes Medikament besser passt.

Was Patienten tun sollten

Wenn Sie oder ein Angehöriger Parkinson haben und überlegen, ob Cabergolin eine Option ist, sprechen Sie mit Ihrem Neurologen. Fragen Sie:

  • Warum wird Cabergolin mir empfohlen - und nicht ein anderes Medikament?
  • Habe ich ein erhöhtes Risiko für Herzprobleme?
  • Wie oft muss ich eine Echokardiografie machen?
  • Kann ich mit Cabergolin meine andere Medikamente reduzieren?
  • Was passiert, wenn ich die Einnahme vergesse?

Es gibt keine Einheitslösung bei Parkinson. Was für einen funktioniert, muss für einen anderen nicht passen. Cabergolin ist kein Wundermittel - aber für viele Menschen ist es ein Werkzeug, das ihre Lebensqualität deutlich verbessert. Wichtig ist, dass die Entscheidung auf individuellen Faktoren beruht: Alter, Symptome, andere Erkrankungen, Lebensstil und persönliche Präferenzen.

Kann Cabergolin Parkinson heilen?

Nein, Cabergolin kann Parkinson nicht heilen. Es lindert nur die Symptome, indem es die Wirkung von Dopamin im Gehirn nachahmt. Parkinson ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, für die es bisher keine Heilung gibt. Cabergolin hilft, die Lebensqualität zu verbessern und die Symptome besser zu kontrollieren, aber es stoppt den Nervenzellenabbau nicht.

Wie lange dauert es, bis Cabergolin wirkt?

Die erste Wirkung kann nach einigen Tagen spürbar sein, aber die volle Wirkung entwickelt sich oft erst nach 2 bis 6 Wochen. Ärzte erhöhen die Dosis sehr langsam, um Nebenwirkungen wie Übelkeit oder Schwindel zu vermeiden. Geduld ist wichtig - eine zu schnelle Dosissteigerung kann mehr schaden als nützen.

Ist Cabergolin sicher für ältere Menschen?

Ja, Cabergolin wird oft bei älteren Patienten eingesetzt, besonders wenn sie Schwierigkeiten haben, mehrmals täglich Pillen einzunehmen. Allerdings ist das Risiko für niedrigen Blutdruck und Verwirrtheit bei älteren Menschen höher. Deshalb wird die Dosis besonders vorsichtig angepasst. Herzuntersuchungen sind bei Patienten über 70 besonders wichtig.

Kann ich Cabergolin mit anderen Parkinson-Medikamenten kombinieren?

Ja, Cabergolin wird häufig mit Levodopa kombiniert, um die Wirkung zu verbessern und die Levodopa-Dosis zu senken. Das kann helfen, unkontrollierte Bewegungen (Dyskinesien) zu reduzieren. Es sollte jedoch nicht mit anderen Dopaminagonisten wie Pramipexol oder Ropinirol kombiniert werden, da das Risiko von Nebenwirkungen steigt, ohne dass der Nutzen signifikant zunimmt.

Was passiert, wenn ich Cabergolin absetze?

Das Absetzen von Cabergolin sollte niemals abrupt erfolgen. Plötzlich abzusetzen kann zu einem schweren Entzugssyndrom führen - mit starken Bewegungsstörungen, Fieber, Verwirrtheit und sogar Bewusstseinsstörungen. Die Dosis muss über mehrere Wochen langsam reduziert werden, unter ärztlicher Aufsicht. Wenn Sie die Einnahme abbrechen wollen, sprechen Sie immer zuerst mit Ihrem Arzt.

1 Kommentare

  • Image placeholder

    Marion Fabian

    November 5, 2025 AT 17:58

    Ich hab das letzte Jahr mit Cabergolin angefangen – total verrückt, wie sich das anfühlt. Vorher war ich wie ein Roboter, der ständig neu gestartet werden musste. Jetzt? Ich kann morgens ohne Hilfe aus dem Bett. Die Übelkeit war arschig, aber nach drei Wochen war’s wie weggeblasen. Und zwei Pillen pro Woche? Ich vergesse sie nicht mal, wenn ich betrunken bin. 🤷‍♀️

Schreibe einen Kommentar