COMISA: Wie man Schlaflosigkeit und Schlafapnoe gemeinsam behandelt

COMISA: Wie man Schlaflosigkeit und Schlafapnoe gemeinsam behandelt
Henriette Vogelsang 26 Dezember 2025 0 Kommentare

Wenn du nachts wach liegst, weil du nicht einschlafen kannst, und gleichzeitig immer wieder aufwachst, weil du nicht atmen kannst - dann bist du nicht allein. Diese Kombination aus Schlaflosigkeit und obstruktiver Schlafapnoe heißt COMISA - und sie ist häufiger, als die meisten Ärzte denken. Bis zu 58 % der Menschen mit Schlafapnoe haben auch klinische Schlaflosigkeit. Doch oft wird nur eine der beiden Störungen behandelt. Und das funktioniert nicht. Nicht wirklich.

Was ist COMISA wirklich?

COMISA steht für Co-Morbid Insomnia and Sleep Apnea. Es ist keine zufällige Kombination, sondern eine eigenständige Diagnose. Du hast nicht einfach zwei Probleme nebeneinander. Dein Gehirn und deine Atmung sind miteinander verstrickt. Die Schlafapnoe bringt dich nachts immer wieder wach - und diese Unterbrechungen machen es deinem Körper unmöglich, in einen tiefen, erholsamen Schlaf zu fallen. Das führt zu Angst vor dem Bett, zu Gedanken wie: „Ich schaffe das wieder nicht.“ Und das macht die Schlaflosigkeit nur schlimmer.

Die Diagnose ist nicht einfach. Ein normales Schlafstudium (Polysomnographie) zeigt nur, dass du Apnoen hast. Aber nicht, ob du auch nachts wach liegst, weil du nicht einschlafen kannst. Dafür brauchst du ein spezielles Interview, zum Beispiel den Insomnia Severity Index (ISI). Ein Wert von 15 oder höher bedeutet: Du hast eine klinisch relevante Schlaflosigkeit. Nur wenn beide Kriterien erfüllt sind - Apnoe (AHI ≥5) und hoher ISI-Wert - spricht man von COMISA.

Warum CPAP allein nicht reicht

CPAP ist die Standardtherapie bei Schlafapnoe. Es pumpt Luft in deine Atemwege und hält sie offen. Bei Menschen ohne Schlaflosigkeit funktioniert es in 85-90 % der Fälle. Aber bei COMISA? Da bricht die Erfolgsquote ein. Nur 42,7 % der Betroffenen nutzen die Maske regelmäßig - im Vergleich zu 62,3 % bei reinem Schlafapnoe-Patienten.

Warum? Weil die Maske unangenehm ist. Die Luftdruck-Wellen wecken dich auf. Die Nase läuft, die Haut juckt, der Schlauch zieht. Und wenn du schon nicht einschlafen kannst, weil dein Geist rast, dann ist die Maske nicht die Lösung - sie ist der Auslöser. Viele Patienten berichten: „Ich habe die Maske abgenommen, weil ich mich nicht mehr hineinlegen konnte.“ 68 % der COMISA-Patienten geben CPAP innerhalb von sechs Monaten auf - wenn sie keine zusätzliche Hilfe bekommen.

CBT-I: Die Lösung, die niemand erwarten würde

Die gute Nachricht: Es gibt eine Behandlung, die beide Probleme gleichzeitig angeht. Sie heißt Cognitive Behavioral Therapy for Insomnia - kurz CBT-I. Das ist keine Medikamentenkur. Es ist ein strukturiertes Programm mit fünf bis acht Sitzungen, das dir beibringt, wie du dein Gehirn wieder lernst, einzuschlafen - ohne Medikamente, ohne Schlaftabletten.

Und hier kommt das Überraschende: CBT-I verbessert nicht nur dein Einschlafen. Es reduziert sogar die Anzahl der Atemaussetzer - um bis zu 15 %. Warum? Weil du weniger Zeit im Bett verbringst, ohne zu schlafen. Dein Körper lernt: „Das Bett ist zum Schlafen da, nicht zum Wachliegen.“ Das stabilisiert deine Schlafarchitektur. Und ein stabilerer Schlaf bedeutet weniger Atemstörungen.

Studien zeigen: Wenn du CBT-I und CPAP gleichzeitig bekommst, verbessern sich deine Schlaflosigkeitssymptome um 54 %. Und du nutzt die Maske 1,2 Stunden länger pro Nacht. Das ist kein kleiner Unterschied. Das ist der Unterschied zwischen einem Leben mit chronischer Müdigkeit und einem, in dem du dich wieder erholst.

Gesichter eines Patienten in zwei Welten: eine mit angstvollem CPAP-Masken-Teufel, die andere mit friedlicher CBT-I-Meditation.

Concurrent vs. Sequential: Was funktioniert besser?

Es gibt zwei Wege, COMISA zu behandeln: nacheinander oder gleichzeitig.

Der traditionelle Weg: Zuerst CPAP. Wenn das nicht hilft, dann CBT-I. Aber das ist wie ein Auto zu reparieren, das nur läuft, wenn du es ständig mit dem Fuß anstößt. Viele Patienten brechen die CPAP-Therapie ab, bevor sie CBT-I bekommen. Und wenn sie es dann endlich bekommen, ist die Motivation weg.

Der bessere Weg: Beides gleichzeitig. Das nennt man concurrent treatment. Eine Studie von Dr. Alexander Sweetman zeigte: 63 % der COMISA-Patienten erreichten eine Remission der Schlaflosigkeit - wenn sie CBT-I und CPAP von Tag eins an kombinierten. Bei CPAP allein waren es nur 29 %.

Einige Ärzte argumentieren: Bei schwerer Apnoe (AHI >30) muss zuerst die Atmung gesichert werden. Sonst drohen Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Das ist richtig - aber es ist kein Entweder-Oder. Du kannst CPAP starten und gleichzeitig mit CBT-I beginnen. Du brauchst nicht zu warten, bis du „bereit“ bist. Die Therapie hilft dir, bereit zu werden.

Was passiert, wenn du nichts tust?

COMISA ist kein „nur“ Schlafproblem. Es ist ein Risikofaktor für Bluthochdruck, Diabetes, Depressionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer jahrelang unter COMISA leidet, hat ein doppelt so hohes Risiko, einen Schlaganfall zu erleiden, als jemand mit nur einer der beiden Störungen.

Und die Kosten? Nicht nur für dich. Ein Patient mit COMISA, der nur CPAP bekommt, verbraucht 22 % mehr medizinische Ressourcen als jemand, der kombiniert behandelt wird. Das heißt: mehr Arztbesuche, mehr Notaufnahmen, mehr Medikamente. Die Krankenkassen haben das erkannt. Seit Januar 2024 gibt es in den USA spezielle Rechnungsnummern (G2212-G2214), die die kombinierte Behandlung bezahlen - mit 125 bis 185 Dollar pro Sitzung.

Arzt und Psychologe in vereinten Roben, führen Patienten durch ein Portal zur kombinierten COMISA-Behandlung.

Warum ist COMISA so schwer zu behandeln?

Weil das System dafür nicht gemacht ist.

Schlafapnoe wird in Schlaflaboren behandelt. Schlaflosigkeit in Psychologenpraxen. Aber kaum ein Labor hat einen Psychologen im Haus. Und kaum ein Psychologe versteht, wie CPAP funktioniert. Die Kommunikation bricht ab. Nur 28 % der US-Schlafzentren haben einen festen Überweisungsweg zwischen den Abteilungen.

Und dann ist da noch die Wartezeit. In ländlichen Gebieten warten Patienten durchschnittlich 14,3 Wochen auf einen Psychologen, der CBT-I kann. In Städten sind es 7 Wochen. Aber die Symptome verschlimmern sich jeden Tag.

Digitale Lösungen helfen - aber nicht für alle. Plattformen wie Sleepio oder Somryst bieten CBT-I online an. Sie funktionieren gut bei leichten bis mittelschweren Fällen. Aber bei schwerer Apnoe (AHI >15) ist der Erfolg deutlich geringer. Nur 38 % der Patienten mit schwerer Apnoe erreichen eine Remission mit digitaler CBT-I allein. Das bedeutet: Du brauchst noch immer einen Menschen, der dich begleitet.

Was kannst du tun?

Wenn du denkst, du hast COMISA - dann tu jetzt etwas.

  • Frage deinen Schlafarzt: „Habe ich auch Schlaflosigkeit?“ - und bitte um den ISI-Fragebogen.
  • Wenn du CPAP nutzt, aber nicht einschlafen kannst: Sag es laut. Nicht nur: „Die Maske ist unangenehm.“ Sondern: „Ich kann nicht einschlafen, weil ich Angst habe, nicht durchzuschlafen.“
  • Suche nach einem Therapeuten, der CBT-I für COMISA kennt. Frag bei Schlafkliniken nach, ob sie „integrierte Behandlungsprogramme“ anbieten.
  • Wenn du warten musst: Nutze kostenlose digitale Angebote als Zwischenlösung - aber nicht als Ersatz.

Es gibt neue Technologien, die helfen: CPAP-Geräte, die den Druck automatisch an deine Schlafphase anpassen. Medikamente wie Suvorexant, die das Einschlafen erleichtern. Aber die beste Therapie bleibt: CBT-I + CPAP - zusammen.

Die Zukunft von COMISA

Die Forschung schreitet voran. Die COMBINE-Studie (NCT04876211) untersucht gerade, ob gleichzeitige Behandlung wirklich besser ist als nacheinander. Ergebnisse kommen 2024. Maschinelles Lernen hilft, vorherzusagen, wer auf welche Therapie anspricht - mit 78 % Genauigkeit.

Und die Zahlen zeigen: Wer COMISA richtig behandelt, lebt länger, ist produktiver, und braucht weniger Medikamente. Die US-Gesundheitsbehörden schätzen, dass eine Ausweitung der kombinierten Therapie bis 2030 jährlich 2,4 Milliarden Dollar sparen könnte.

Du bist kein Fall, der nicht zu behandeln ist. Du bist ein Fall, der endlich richtig verstanden wird. Und das fängt damit an, dass du nicht mehr nur deine Schlafapnoe oder deine Schlaflosigkeit siehst - sondern beide. Zusammen.

Ist COMISA eine seltene Diagnose?

Nein. COMISA ist keine Seltenheit. Studien zeigen, dass 39 bis 58 % der Menschen mit obstruktiver Schlafapnoe gleichzeitig eine klinische Schlaflosigkeit haben. Das bedeutet: Bei fast jeder zweiten Person mit Schlafapnoe ist auch Schlaflosigkeit dabei - aber oft wird sie nicht erkannt.

Kann man COMISA mit Medikamenten behandeln?

Medikamente wie Schlafmittel oder Beruhigungsmittel helfen nur kurzfristig und machen die Schlafarchitektur noch unregelmäßiger. Es gibt eine Ausnahme: Suvorexant, ein Orexin-Antagonist, wurde Ende 2023 von der FDA für COMISA zugelassen. Er verbessert das Einschlafen und die Schlafdauer, wenn er mit CPAP kombiniert wird. Aber er ist kein Ersatz für CBT-I. Die langfristig wirksamste Behandlung bleibt die kognitive Verhaltenstherapie.

Warum funktioniert CBT-I bei COMISA besser als bei normaler Schlaflosigkeit?

CBT-I bei COMISA ist angepasst. Es berücksichtigt, dass deine Atemstörungen dich nachts aufwecken. Die Therapie hilft dir, dich nicht mehr gegen das Aufwachen zu wehren, sondern zu lernen, schnell wieder einzuschlafen - auch wenn die Maske drückt oder die Luft zu laut ist. Du lernst, nicht mehr Angst vor dem Bett zu haben, sondern es als sicheren Ort zu sehen - egal, ob du gerade apnoisch wach bist oder nicht.

Wie lange dauert die Behandlung von COMISA?

Eine vollständige CBT-I-Behandlung dauert 5 bis 8 Sitzungen über 6 bis 10 Wochen. CPAP wird kontinuierlich genutzt - und die Anpassung dauert oft 2 bis 4 Wochen. Die meisten Patienten spüren erste Verbesserungen nach 3 bis 4 Wochen. Die größten Fortschritte zeigen sich nach 3 bis 6 Monaten. Langfristig ist die Behandlung nicht teurer als das dauerhafte Nehmen von Schlafmitteln oder die Folgekosten von unbehandelten Schlafstörungen.

Kann ich COMISA selbst diagnostizieren?

Nein. Du kannst einen Online-Fragebogen wie den ISI ausfüllen - das hilft, deine Symptome zu verstehen. Aber eine echte Diagnose braucht eine Polysomnographie (Schlafstudie) und eine klinische Bewertung. Nur ein Arzt kann zwischen einfachem Schnarchen, leichter Schlafapnoe und COMISA unterscheiden. Selbst wenn du dich gut kennst - du brauchst einen Experten, der die Daten richtig interpretiert.